Montag, 10. März 2008

Sitzt Jesus am Spielfeldrand oder: Spiel des Lebens

Auf dem gewohnten Stuhl nehme ich Platz
Verfasse zittrig den ersten Satz
Das Gedächtnis beginnt zu kreisen, mir wird heiß
Kann meinen Blick nicht abwenden, ich spüre den Schweiß
Schlage den Duden auf, denn ich habe einfach zu wenig Ahnung von dem Scheiß
Die Blumen sprießen
Die Bäche fließen
Ich begegne einem nächsten Verbrecher, den sie gestern freiließen
Oder ist er geflohen?
Aus einem Gebäude, in dem sie Unschuldigen mit Schlagstöcken und Entzug von Essen drohen
Sein gutes Recht wäre es
Unser gutes Recht wäre es, ihn weggesperrt zu wissen indes
Was ist das nur für eine kranke Welt
Kein Hund, der beißt, bellt
Und wir wurden alle hier rein geboren
Gehen alle wieder irgendwann verloren
Im großen Schwarz, im großen Nichts
In der Semantik des Lichts
Ich beanspruche nur ein paar tiefe Saxophonklänge
Bis ich im Gedankenmeer fest hänge
Keine Melodien, keine himmlischen Gesänge
Nur wenige Gesichter stechen hervor aus der Menge
Ich muss mich konzentrieren
Die Menschen fangen an zu penetrieren
Und da kommt mir die unbequeme Ahnung auf
Die wie eine offene Wunde vor meinen Augen nun klafft
Ist ein Gesellschaftsspiel tatsächlich ein Zeitvertreib?
Denn wenn ich mir dieses Wort gründlich einverleib’
Ist es vielmehr ein Spiel mit der Gesellschaft
Alle sind wir amüsante, kleine Figuren
Scheinbar imposante Signaturen
Die einen rot, die anderen blau
Wer zwischen den Zeilen lesen kann, weiß es jetzt ganz genau
Rot wie das Blut, mit besitzergreifenden Stern
Hätten eine andere Führung gern
Blau, welche nicht weit kommen und besoffen im Bau
Manche hart wie Eisen, geschnitzt aus Holz
Viel zu viele dehnbar wie billiges Plastik
Jeden Tag werden wir in die Rotation gewürfelt wie Elastik
Macht man es mit oder lässt man es bleiben
Setzt man aus oder lässt man sich treiben
Ich zünde den Blunt an und fange an zu schreiben
Sinniere kurz und stelle die Fragen
Wie kann sich die Jugend heute selbst ertragen?
Noch hocken sie auf der Auswechselbank mit flauem Gefühl im Magen
Aber was soll aus denen nur mal werden?
Zu jung zum Denken, zu dumm zum Sterben
Die Fernsehanstalt signalisiert: ihr könnt alles machen
Besonders durchgeknallte Sachen
Ein Abklatsch von Videoclips auf MTV
Gesund erwachsen wird diese Generation doch sicher nie
Und wie sollen die verlorenen Seelen einmal arbeiten?
Und zum Teufel wo?
Oder entwickeln sie bald neue Jobs und so?
Muss ich mich mit grad mal 21 Jahren ängstlich zeigen?
Mich gar vor dieser intellektuellen Ohnmacht verneigen
Und verdammt noch eins; wo sind all die richtigen Leute
Jeder einzelne so bescheuert heute?
Kopf oder Zahl
Kopfzahl
Lassen sich alle verbiegen
Lassen wir uns alle belügen
Individualität ist schrecklich gern gesehen
Doch dass dadurch alle gleich aussehen
Ist irgendwie schwer zu verstehen
Jemand hat die Fäden in der Hand
Aber dieser jemand bleibt gut unerkannt
Am Spielfeldrand
Jeder achtet auf den nächsten Zug
Kämpft sich durch mit Lug und Trug
Außen vor, wer nicht freiwillig rumhurt
Wahrscheinlich ist es so, wie Amy Winehouse neulich sprach
„Die Welt ist eine Totgeburt“