Freitag, 27. Februar 2009

neulich bei reichelt

Ich habe jeden Tag eine Stunde Mittagspause, die ist meist knallhart durchstrukturiert ist. Es gibt einen Lieblingsplatz auf dem ich immer sitzen möchte, weil von dort aus einfach alles ertragbarer ist. Ich kann meine Kollegen beobachten und sie innerlich belächeln wenn sie sich mit Dummheit und stupiden Gesprächsthemen angähnen. Ich kann mit den Füßen wippen und wenn ich möchte auch zum Fenster blicken. Die Uhr ist in meinem Sichtfeld, so dass ich immer weiß, um wieviel Minuten ich die Pausenzeit überziehe. Wenn ich Glück habe, habe ich ein Kreuzworträtsel ergattert, in dem ich ein bisschen rumschmieren kann. Doch das größte Glück an sich ist es, wenn der Platz zu meiner Rechten vom richtigen Menschen besetzt ist. Und von den richtigen Menschen gibt es ja ohnehin schon so wenig auf der Welt, dass ich zufrieden bin, einen von ihnen auf meiner Arbeit entdeckt zu haben.
Pausen sind nun aber nicht zum komische Leute beobachten und Fragen wie "Stadt in Südamerika" beantworten da, zumindest nicht hauptsächlich. Der Focus liegt bei der Nahrungsaufnahme. Meine Angewohnheit ist es, jeden Tag eine fünf Minuten Terrine zu essen. Das ist günstig und praktisch. Natürlich könnte ich mir auch ein Gericht bei unserem hauseigenen Koch kaufen, aber da müsste ich mich dann entscheiden, ob ich täglich 3,90€ für ein fettiges, generell mit Zwiebeln überhäuftes Mahl ausgeben möchte oder mir einfach meine Schachtel Zigaretten am Bahnhof kaufe.
Ich wähle den Bahnhof.
Nun ist das mit den fünf Minuten Terrinen ja so eine Sache. Ich hatte zum Ende des letzten Jahres eine mehrwöchige Phase, in der ich jeden Tag die gleiche Sorte des Fertigsnacks aß. Nudeln in Käse Schinken Soße. Jeden Tag. Jeden.
Irgendwann war es auch schon Gewohnheit, dass mein Bauch anfing zu schmerzen wenn ich mit dem Verzehr des 0,99€ Dinners fertig war, doch dann. Dann kam diese eine signifikante Pause, in der mein Körper mir unmissverständlich klarmachte, dass er dieses Zeug, das ich ihm gebe, nicht mehr verarbeiten kann. Und nicht mehr verarbeiten will. Ich war bei der Hälfte des Bechers angelangt als ich plötzlich spürte, wie die letzten Löffel nicht den Weg nach unten sondern den Weg nach oben suchten. Ich musste mich fast übergeben. Am Pausentisch. In einem vollen Raum. Blitzartig stellte ich das Essen ab und blickte entsetzt zu meiner Rechten. An diesem Punkt beendete ich diesen im Nachhinein sehr merkwürdigen Selbstversuch und beschloss nur noch Sorten von anderen Herstellern zu essen. Und als ich neulich im Reichelt Markt in das Regal der vielen verrückten Variationen der fünf Minuten Terrinenwelt griff um etwas Neues auszuprobieren, passierte mir das



Ja, das war ein weiterer Schritt zurück. Ich sprach mir selbst gut zu und nahm mir für den folgenden Tag ganz fest vor mehr Vitamine in mein Leben zu lassen. Motiviert und in meinem Vorhaben gefestigt, stand ich tags darauf in der Gesundheitsecke des Reichelt Marktes. Farblich angesprochen lockte eine 100% Fruchtaufmachung in einem schönen Glas meine Blicke auf sich. Der Preis jedoch lies mich kurz erschrecken. 2,79€. Hui. Aber der Körper ist das höchste Kapital oder? Während meiner Gedankengänge und meiner noch nicht vorangeschrittenen Geschmacksentscheidung griff ein wahrscheinlich gut betuchter, fit wirkender, großer Mann im Anzug mit seinen starken Händen zielstrebig nach dem Glas, mit welchem ich schon liebäugelte. Das war der Wink, den ich brauchte und mein Kaufentschluss war besiegelt.
Als ich einige Minuten später dann im Pausenraum genüsslich ein Schluck nahm und mir einbildete, spüren zu können, wie mein Teint frischer wird und auch mein Calciummangel verschwindet, traf es mich wie ein Schlag. Es ist wie Blasphemie fürs Geld ausgeben. Ich drehte den dekorativen Schraubverschluss zu und las ganz beiläufig die Schriftzüge, die auf dem Deckel standen und musste feststellen.
DAS DING WAR ABGELAUFEN.
2,79€ für eine Lebensmittelvergiftung? Da helfen mir die Vitamine auch nicht mehr soviel.
Das war's, ich bin fertig mit der healthy life Bewegung, sollen die Anderen mal machen und mich anprangern wegen der fünf Minuten Terrinen.




Was mir zu sagen bleibt ist Bremen 1874 und Philadelphia 1876, gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot.
Reinheit! Da ist Verlass drauf.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

wie wäre es beim nächsten Mal kaufen überschrittener MHD Produkte mit "zurückzureicheltbringen" - setzt natürlich das Vorhandensein des Kassenbons voraus

Anonym hat gesagt…

du hätts dir ja auch die baby möhren holen können ...
b.