Donnerstag, 3. Juli 2008

Modern Romance (Karen O.)

Jesus. Endlich. Der Allmächtige war auf meiner Seite.
Nach 21 Jahren in dieser chaotischen Welt und darin inbegriffenen (die auch viel wichtiger für diese Geschichte sind) 10 Jahren in meinem Leben, in denen ich mich den männlichen bzw. knabenhaften Geschöpfen gewidmet habe, ist es mir endlich passiert.
Ich habe die Sonne für einige Augenblicke in meinem Herzen strahlen gefühlt.
Und was waren das für Augenblicke, Ochi.
Am Ende des brütend heißen Monats Juni anno 2008; Stopp hier muss ich kurz unterbrechen. Brütend heiß war es eventuell nicht in den Breitengraden der Biergartenatmosphäre, wo verschwitzte Männer mit schwarz-rot-gold Fahnen wedeln und ihren Jägermeister stürzen. Wohl aber bei uns in Westgriechenland, hier, wo sich nicht weiter dafür interessiert wird, ob nun die Türkei oder doch Deutschland in das geheiligte Finale einziehen. Warum auch? Hier wird gesittet Ouzo getrunken; mit guten Freunden versteht sich und körperlich befindet sich ohnehin fast niemand in der Kondition um großartig herumzutanzen.
In Kastro –viel mehr Kyllini- einem kleinen unschuldigen Landstrich umrandet von wunderschön klarem Wasser war es also brütend heiß.
Diese Umstände und physische Ertüchtigungen führten dazu, dass mein äußerst gut aussehender Reisebegleiter und ich mehrere Liter Lipton Eistee (Pfirsich und Zitrone) am Tag tranken. In einem Land, das auf den Dosenpfand scheißt, trinkt es sich gleich soviel besser, es ist gar nicht in Worte zu fassen. Mit einem Zischen öffnet man die Dose, voller Vorfreude auf den Durstlöscher und während man so gluckt und gluckt läuft ein Tropfen Wasser auf den brennend heißen Oberkörper. Das ist Genuss, das ist das Wahre, das ist Stil.
Um der Gefahr mich zu sehr im Detail zu verlieren zu entgehen, werde ich jetzt eiskalt wie ein gutes Mythos fortfahren.
Die Sonne knallte infolgedessen mal wieder ohne Rücksicht auf Verluste und wir hatten Durst. Ja wir hatten richtig großen Durst. Und der Kühlschrank.
Er war leer.
Ermüdend leer.
Mein Zimmerkumpane, mit dem ich so unheimlich gern meine Zeit verbringe, war aus nicht näher bestimmbaren Gründen nicht ernsthaft in der Lage, mich zum 15 Minuten entlegenen Mini-Market zu begleiten um Nachschub in Dosenform zu beschaffen.
Als altes Großstadtmädchen machte es mir natürlich so rein gar nichts aus, mich allein auf die Socken beziehungsweise sandigen Füße zu machen. Und so zog ich mich an, steckte mir einen 20€ Schein in die rechte Tasche meiner Hotpants und zündete mir eine Zigarette an.
Doch mein sehr feinfühliger und beschützender Begleiter wollte mich so nicht ziehen lassen.
Ein hübsches gelocktes Mädchen, deren Körper nur von ein paar Stofffetzen verdeckt wird, gottverlassen in einer hellenischen Pampa…das ist doch ein gefundenes Fressen für lüsterne Südländer.
Und wenn.
Als ich den Türknauf schon in der Hand habe, ruft er mich zurück, währenddessen er mit halbem Gesicht in seinem geöffneten Koffer hängt.
„Warte….“
Meine naiven Gedanken, er würde sich aufraffen und doch mit mir kommen (denn dann könnten wir ja auch größere Mengen tragen), werden zerschlagen.
„Wenn du schon alleine gehst…“
Er hält etwas in seinen starken, gebräunten Händen.
„Dann nimm das hier mit“

Ein Messer?

Ein Messer!

Und wie diese ausgeklappte Klinge da so in der Nachmittagssonne glänzt, so glänzen meine Augen. Und noch heute, wenn ich daran denke.
In einem Kosmos voll Schnelllebigkeit, Unverbindlichkeiten und Desinteresse war DAS das Romantischste was ein Junge je für mich getan hat.
Im Grunde weiß ja niemand was Romantik bedeutet, Hauptsache sie findet statt. Mir war sie immer ziemlich egal, denn wenn ich von Romantik sprach, dann höchstens im Zusammenhang mit Benzingeruch. Aber diese Geste war schöner als ein Lied und bei Weitem blumiger als ein holländisches Tulpenfeld.
Ich mein, wäre es denn hart auf hart gekommen, hätte selbstverständlich ich und nicht er den Kleinkriminellen oder Menschenhändler oder was auch immer da in dem hübschen Kopf meines Freundes rumspukte, umbringen müssen. Aber das war ja erstmal nebensächlich.
Ein edles Messer. Très chic. Ich schmunzelte sehr lange und aus irgendeinem Grund war ich tief glücklich. Nachdem der Anflug ungeahnter Emotionen vorüber war, steckte ich mein neu gewonnenes Mordinstrument in die linke Tasche meiner Hotpants. Das fällt ja auch nicht weiter auf. Und überhaupt…was war die Quintessenz dieser Handlung? Oder wer hat Angst vor dem großen griechischen Mann? Ich persönlich würde höchstens beim Anblick Costa Cordalis’ zusammenschrecken.
Aber der ist ja nicht hier.
Nur mein junger schöner Herakles.
Und ich.
Und ein blitzendes Messer.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Alltag, Verpflichtungen, Rauchverbot,
Stress, Hektik, Pausenbrot,
kalter Pool und lange Hosen an
Aufdringlichkeit und Dosenpfand
All das gabs nicht in Griechenland
Nur wir zwei
Sonne, Sand und Strand.
Toast, Kastro, Sonnenbrand
Auf Peleponnes
Hand in Hand.
Die Zeit stand still
und ist trotzdem davon gerannt.
Leider zurück
und dann?
Glücklich dank dir
Im langweiligen Vize-Schland